Studienkurs "Diagnostische Kompetenz angehender Sportlehrkräfte schulen"

Der Kurs auf einen Blick

Im Folgenden werden zunächst die „ Kompetenzen, welche die Studierenden im Kurs erwerben sollen, dargestellt. Die „ Kurzbeschreibung des Kursangebots bietet eine knappe Einführung in die im Kurs behandelten Themen.

Kompetenzen

Zentrales Ziel des Kurses ist der Erwerb diagnostischer Kompetenz durch die Studierenden. Unter diagnostischer Kompetenz verstehen wir zum einen die Fähigkeit, die Funktionalität der von den Schülerinnen und Schülern durchgeführten Bewegungslösungen angemessen beurteilen zu können. Diese Fähigkeit nennen wir Diagnose-
kompetenz (im engeren Sinne). Zum zweiten gehört zur diagnostischen Kompetenz auch eine entsprechende Intervention als Konsequenz aus der gestellten Diagnose. Im Fall des Erwerbs funktionaler Bewegungslösungen besteht die Intervention aus der passenden Rückmeldung der Lehrkraft. Neben der Diagnosekompetenz ist die Rückmelde-
kompetenz die zweite wichtige Komponente einer umfassenden diagnostischen Kompetenz. In dem dargestellten Kurs erfolgt die Schulung der diagnostischen Kompetenz an Beispielen für Bewegungslösungen aus dem Bereich des Gerätturnens. Im Detail erreichen die Studierenden die folgenden Ziele.

  • Die Kursteilnehmenden erkennen den Nutzen von Videoanalyse-Applikationen (wie z. B. Coach’s Eye®) und sind in der Lage diese App zu bedienen (detaillierte Informationen dazu s. Seite 33 ff.).
  • Die Kursteilnehmenden können die App als Feedbackinstrument einsetzen und Schüler:innen zum Umgang damit anleiten.
  • Die Kursteilnehmenden kennen themenspezifische Fachbegriffe aus den Bereichen Bewegungswissenschaft und Gerätturnen und können diese beim Feedback angepasst anwenden.
  • Die Kursteilnehmenden können in kollegialer Zusammenarbeit mit Lehrkräften und Dozierenden adaptiven Sportunterricht planen und durchführen.

Ein wesentlicher Teil des Kurses wird entsprechend der Prinzipien des „forschenden Lernens“ durchgeführt. Weitere Kursziele beziehen sich aus diesem Grund auf das Verständnis und die Anwendung wissenschaftlicher Methoden.

Die Kursteilnehmenden können Erhebungsinstrumente zur Erfassung von Bewegungsvorstellungen (Bildkarten-Auswahltest nach Daugs et al., 1989) anwenden und für einen verwandten Einsatzbereich modifizieren.

Die Kursteilnehmenden können in Arbeits-/Kleingruppen unter Anleitung eine wissenschaftliche Untersuchung zur Verbesserung der Bewegungsvorstellung der Schüler:innen im Sportunterricht durchführen.

Die Kursteilnehmenden können wissenschaftliche Artikel aus dem Fachbereich Bewegungswissenschaft zusammen-
fassen und Abbildungen interpretieren.

Die Kursteilnehmenden erwerben damit in den folgenden Bereichen Professionswissen:

Fachdidaktisches Wissen: Diagnose von Bewegungsvorstellungen, Geben von Rückmeldung im Unterrichtsfach Sport unter Verwendung unterschiedlicher Medien, Planung einer Unterrichtssequenz in der Sportart Gerätturnen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Bewegungsvorstellungen, Kenntnisse zur Durchführung von adaptivem Unterricht im Fach Sport

Fachwissen: Grundlegende Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit Diagnose- und Rückmeldekompetenz im Bereich Sport (z. B. Heterogenität, Feedback), zielführende Arbeit mit wissenschaftlichen Artikeln zur Bewegungsanalyse, Diagnostik und zum Feedback, Einsetzen eines Instruments zur Erhebung der Bewegungsvorstellung der Schüler:innen

Organisationswissen: Mit-Organisation einer Studie im schulischen Sportunterricht, u. a. Kontaktaufnahme und -pflege zu Kooperationsschulen, Abstimmung der Unterrichtsinhalte mit den Lehrkräften, Zeitmanagement

Beratungswissen: Basiswissen zum Geben von Feedback: Beobachten einer Bewegung, beurteilen des Gesehenen und vorschlagen von methodisch sinnvollen Übungen zur Verbesserung der Bewegungsausführung.

Kurzbeschreibung des Kursangebots

Im vorliegenden Kurs „Diagnostische Kompetenz angehender Sportlehrkräfte schulen“ steht die Planung, Durchführung und Auswertung einer auf die Lerngruppe zugeschnittenen Unterrichtssequenz im schulischen Sportunterricht im Fokus. Die Kursteilnehmenden führen im Rahmen des Kurses unter Anleitung bzw. enger Betreuung eine kontrollierte Interventionsstudie mit einem pre-post-Design unter Berücksichtigung der Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens durch. Während die Schüler:innen der Kontrollgruppe traditionelles Feedback ohne digitalen Medieneinsatz erhalten, bekommt die Treatmentgruppe Videofeedback über Tablet-PCs.

Der Gesamtkurs ist dreigliedrig aufgebaut: So wechseln sich Kurstermine an der Universität, praktische Unterrichtseinheiten an Kooperationsschulen mit Freiarbeitsphasen der Studierenden ab. Sollte keine Kooperations-
schule zur Verfügung stehen, besteht die Möglichkeit mit Sportvereinen zusammenzuarbeiten. Für die Planung und Durchführung von adaptivem Unterricht im Sport sind heterogene Lerngruppen besonders interessant. Diese finden sich im Sportverein vor allem in gesundheits- und breitensportorientierten Abteilungen.

Die Studierenden werden im Kurs auf ihre zukünftige Arbeit als Lehrkraft im Unterrichtsfach Sport vorbereitet. Der Kurs bietet die Möglichkeit, die Themenbereiche des Diagnostizierens und Rückmeldens und damit einhergehend adaptives Unterrichten im Unterrichtsfach Sport fundiert theoretisch zu erarbeiten. Die mit diesen Inhalten eng verknüpften Themenfelder Heterogenität, Bewegungsvorstellung und Feedback werden ebenso behandelt. Ziel dieses Kurses ist es, Studierende an die Entwicklung von Unterrichtsformen und -strategien heranzuführen, die sich an den individuellen Bedürfnissen und Lernvoraussetzungen der Schüler:innen orientieren (Reusser, 2011). Dabei steht die enge Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis im Fokus des Kurses. So werden in den Kurssitzungen zunächst wissenschaftliche Grundlagen zur Thematik erarbeitet. Darauf aufbauend planen die Studierenden eine Unterrichtseinheit. Durch die anschließende Durchführung des Unterrichts in einer Schulklasse sammeln die Kursteilnehmenden praktische Unterrichtserfahrungen und gewinnen zudem wesentliche Einblicke in die wissenschaftliche Datenerhebung und -auswertung.

Um Unterricht auf der Grundlage der Lernvoraussetzungen der Schüler:innen entwickeln zu können, ist es zunächst notwendig, diese Lernvoraussetzungen zu diagnostizieren. Hierzu lernen die Studierenden im Kurs mit dem Bildkarten-Auswahltest ein Instrumentarium kennen, das dazu dient, die Bewegungsvorstellung der Schülerinnen und Schüler zu erfassen. Dieses ursprünglich von Daugs et al. (1989) entwickelte Werkzeug wird im Kurs von allen Kursteilnehmenden gemeinsam modifiziert, so dass eine Übertragung der Methode auf die zu unterrichtende Unterrichtseinheit in der Sportart Gerätturnen gelingt. Dieses modifizierte Instrumentarium wird im Anschluss praktisch im schulischen Bereich angewandt, indem die Bewegungsvorstellung der Schüler:innen zum turnerischen Element Handstand mit Abrollen am Boden bzw. Handstützüberschlag vorwärts am Boden im Eingangstest erfasst wird. Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse findet die Planung des adaptiven Unterrichts statt. Dabei gestalten Studierenden-Kleingruppen stets adaptiven und weitestgehend inhaltsgleichen Unterricht für jeweils zwei Klassen einer Jahrgangsstufe. Jedoch unterscheidet sich der Unterricht in den angewandten Feedbackmethoden und dem Medieneinsatz. Während die eine Klasse klassisches Feedback durch die Lehrkraft bzw. die Studierenden erhält (Kontrollgruppe), geben sich die Schüler:innen der anderen Klasse gegenseitig in Kleingruppen Video-Feedback unter Verwendung von Tablet-PCs (Soll-/Istwert-Vergleich) (Treatmentgruppe). Schließlich führen die Studierenden-Kleingruppen den geplanten Unterricht im Schulsport durch. Den Abschluss der Unterrichtseinheit bildet eine erneute Erfassung der Bewegungsvorstellung der Schüler:innen (Ausgangstest). Durch den Vergleich der Bewegungsvorstellung zu Beginn und am Ende der Unterrichtssequenz kann ihre Entwicklung festgehalten werden. Abschließend überprüfen die Studierenden die Unterrichtssequenz auf ihre Praktikabilität und reflektieren sie kritisch.

Der konzipierte Kurs stellt einen Beitrag zu einer innovativen (Forschung zur) Lehrkräftebildung dar, und zwar…

  • in inhaltlicher Hinsicht gibt der Kurs eine Möglichkeit mit heterogenen Bewegungsvorstellungen von Schüler:innen umzugehen.
  • in forschungsmethodischer Hinsicht erweitern die Studierenden ihr Handlungsspektrum durch Forschendes Lernen und werden für heterogene Bewegungsvorstellungen der Schüler:innen sensibilisiert.
  • in unterrichtsmethodischer Hinsicht erlernen die Kursteilnehmenden, wie sie den Einsatz von Tablet-PCs als Feedbackmedium in heterogenen Lerngruppen sinnvoll einsetzen.