Um einen groben Überblick zu gewähren, werden im vorliegenden Kapitel zunächst die Kompetenzen dargestellt, die im Kurs erworben werden. In der Kurzbeschreibung des Kursangebots sind sodann grundlegende Themen und zentrale Begrifflichkeiten erläutert, nämlich Schreibkompetenz, Schreibunterricht im Zuge der Digitalisierung, Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes digitaler (Bildungs-)Medien sowie Schreiber:innenheterogenität. Im abschließenden tabellarischen Kurzüberblick finden sich zentrale Rahmendaten zum Kurs.
Kompetenzen
Die Kursteilnehmer:innen können in diesem Kurs die folgenden Kompetenzen erwerben:
- Die Kursteilnehmer:innen können Schreibunterricht entsprechend der aktuellen schreibdidaktischen Prozessorientierung
- Die Kursteilnehmer:innen kennen die technischen und pädagogisch-didaktischen Möglichkeiten und Grenzen digitaler Lernplattformen bei der Förderung von Schreibkompetenz und sind in der Lage, diese gezielt zur Unterstützung der Schüler:innen einzusetzen.
- Die Kursteilnehmer:innen sind fähig, Schreibaufgaben schüler:innenorientiert zu entwickeln und dabei die Heterogenität der Schüler:innen zu berücksichtigen, z. B. hinsichtlich Vorwissen, sprachlichem Wissen, Motivation, Geschlecht oder Schwächen in verschiedenen Phasen des Schreibprozesses.
- Die Kursteilnehmer:innen können verschiedene Fördermöglichkeiten zu Teilprozessen des Schreibens zielgerichtet einsetzen.
- Die Kursteilnehmer:innen kennen den Unterschied zwischen lernförderlichem Beurteilen und Bewerten von Schüler:innentexten und können beides auf der Grundlage angemessener Kriterien und mithilfe sinnvoller Methoden vornehmen.
- Die Kursteilnehmer:innen verfügen über Kenntnisse zur Veränderung von Schriftsprache und Textsorten durch Digitalisierung und können daraus Konsequenzen für den Erwerb von Schreibkompetenz ableiten.
- Die Kursteilnehmer:innen sind in der Lage, verschiedene (Bildungs-)Medien zur individualisierten Schreibförderung im Unterricht innerhalb der datenschutz- und nutzungsrechtlichen Rahmenbedingungen einzusetzen.
Damit erwerben die Kursteilnehmer:innen Professionswissen in den folgenden Bereichen:
Fachdidaktisches Wissen: fundiertes Wissen zur aktuellen Prozessorientierung in der Schreibdidaktik (z. B. Phasen des Schreibprozesses, Schüler:innenorientierung, Adressat:innenorientierung, Textprozeduren), Möglichkeiten und Grenzen digitaler Lernplattformen im Schreibunterricht, Entwicklung von Schreibaufgaben, Differenzierungsmöglichkeiten im Schreibunterricht, angemessenes Bewerten und Beurteilen von Schüler:innentexten
Fachwissen: grundlegende Begrifflichkeiten im Bereich Textlinguistik (z. B. Orthografie, Sprachangemessenheit, Kohärenz), Schreibprozess-Modelle, Textsortenwissen
Psychologisches und pädagogisches Wissen: Prinzipien der individuellen Diagnose und Förderung des Schreibniveaus, Heterogenitätsfaktoren, Merkmale des lernförderlichen Beurteilens, Kenntnis der veränderten Rolle der Lehrkraft beim Einsatz digitaler Medien
Informationstechnologisches Wissen: Bildungsmedien und deren Möglichkeiten und Grenzen allgemein, digitale Lernplattformen und deren spezifische Möglichkeiten und Grenzen
Politisches, gesellschaftliches, ökonomisches und rechtliches Wissen: Grundlagen zu Medien- und Urheber:innenrecht, rechtliche Möglichkeiten der digitalen Kooperation zwischen Schule und Universität, Veränderungen von Schriftsprache und Textsorten durch Digitalisierung
Organisationswissen: räumliche Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien
Beratungswissen: kollegiale Beratung
Überzeugungen/Werthaltungen, motivationale Orientierungen, selbstregulative Fähigkeiten: In diesem Bereich profitieren die Studierenden insbesondere von der eigenverantwortlichen Projektumsetzung und deren Reflexion in einem Portfolio, in deren Rahmen Selbstständigkeit, Flexibilität, Verantwortungsbewusstsein und soziale Kompetenzen, wie etwa Teamfähigkeit, gefordert sind. Neben der Förderung dieser Fähigkeiten zeichnet sich eine persönliche berufsfeldspezifische Orientierung ab. Sie erweitern durch die selbstständige Arbeit im parallel zum Kurs ablaufenden Projekt ihre spezifischen Lehrkompetenzen, wodurch ein wesentlicher Schritt zum Erwerb einer professionellen Handlungskompetenz sowie zur Entwicklung einer reflektierten Lehrperson erfolgt.
Kurzbeschreibung des Kursangebots
Der vorliegende Kurs Online-gestützte Förderung von Schreibkompetenz widmet sich schwerpunktmäßig drei Bereichen: den grundlegenden Prinzipien der aktuellen Prozessorientierung in der Schreibdidaktik (1), der Veränderung von Textsorten und Schriftlichkeit im Zuge der Digitalisierung (2) sowie dem kompetenten Umgang mit digitalen Medien im Schreibunterricht, wobei der Fokus auf den Möglichkeiten und Grenzen interaktiver Online-Plattformen liegt, mit besonderer Berücksichtigung der Schreiber:innendifferenzierung (3).
Der Kurs findet in wöchentlichen Kurssitzungen an der Universität statt, in denen theoretische Grundlagen vermittelt und erprobt werden. Zusätzlich führen die Studierenden in eigener Verantwortung ein Praxisprojekt durch, für das zwei Alternativen existieren, je nachdem, ob eine bzw. mehrere Kooperationsklassen zur Verfügung stehen oder nicht.
Praxisprojekt mit Kooperationsklasse(n): | Die Studierenden unterstützen Schüler:innen über eine angemessene digitale Lernplattform bei der Verbesserung ihrer Schreibkompetenz. |
Praxisprojekt ohne Kooperationsklasse(n): | Die Studierenden gestalten in Kleingruppen einen multimedialen Text und erproben dadurch ein mögliches Unterrichtsprojekt. |
Nach Fix lässt sich Schreibkompetenz als „die Fähigkeit [definieren], pragmatisches Wissen, inhaltliches (Welt- und bereichsspezifisches) Wissen, Textstrukturwissen und Sprachwissen in einem Schreibprozess so anzuwenden, dass das Produkt den Anforderungen einer (selbst- oder fremdbestimmten) Schreibfunktion (z. B. Anleiten, Erklären, Unterhalten …) gerecht wird“ (Fix 2008, S. 33). Kompetente Schreiber:innen verfügen entsprechend über die Teilkompetenzen der Zielsetzungskompetenz, der inhaltlichen Kompetenz, der Strukturierungs- und der Formulierungskompetenz (vgl. ebd.). Diese Kompetenzen werden im Deutschunterricht zumeist anhand analoger Medien ausgebildet, Texte werden mit Stift und Papier verfasst. Außerschulisch ist der Schriftsprachgebrauch heute allerdings vielfach an digitale Medien gebunden; man denke etwa an E-Mail-Verkehr, Chat-Nachrichten über verschiedene Messenger-Dienste, das Angebot an Online-Zeitungen oder die digitale Enzyklopädie Wikipedia. Dabei ist aber nicht nur das Trägermedium ein anderes, die Digitalisierung hat auch Auswirkungen auf den Schriftsprachgebrauch; Textsorten haben sich verändert oder sogar vollständig neu herausgebildet (vgl. Krelle 2015). Typische Merkmale digitaler Texte sind dabei Interaktivität, Unabgeschlossenheit und Multimodalität. Häufig sind diese auch relativ kurz im Vergleich zu analogen Texten (vgl. ebd., S. 77-78). Das Wissen um die Produktion, Distribution und Rezeption digitaler Texte ist folglich Voraussetzung für die kompetente Teilhabe an unserer Schriftkultur. Entsprechend erscheint es notwendig, digitale Medien auch in den schulischen Schreibunterricht zu integrieren, um bei Schüler:innen Schreibkompetenz auszubilden und ihnen zu kultureller Partizipationsfähigkeit zu verhelfen (vgl. Frederking 2014, S. 32).
Um den Aspekt der Digitalisierung möglichst umfassend in den Kurs zu integrieren, sind digitale Medien sowohl Lerngegenstand als auch Lernmedium. Zum einen geht es um die Auswirkungen der Digitalisierung auf Schriftsprachgebrauch und Textsorten, zum anderen um einen kompetenten Umgang mit digitalen Medien im Schreibunterricht. Indem nämlich die Umsetzung des Praxisprojekts in weiten Teilen über eine interaktive Lernplattform erfolgt, erproben die Studierenden verschiedene Einsatzmöglichkeiten von Online-Plattformen und erhalten Einblick in die Chancen und Grenzen der digitalen Förderung von Schreibkompetenz. In der theoretischen Auseinandersetzung bzw. im Rahmen der praktischen Arbeit mit dieser Lernplattform setzen sich die Studierenden mit medienrechtlichen, das heißt mit urheber:innen- und nutzungsrechtlichen Aspekten auseinander, die für die weitere Verwendung dieser Lernplattform unerlässlich erscheinen. Der begleitend zum Projekt stattfindende Kurs führt in diesem Zusammenhang zur Ausbildung einer differenzierten Medienkompetenz bei den Kursteilnehmer:innen. Im Kurs erfolgt eine terminologische Bestimmung des Medienbegriffs aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive. Dabei werden vor allen Dingen diejenigen Implikationen, die ein kompetenzorientierter Schreibunterricht eröffnet, in besonderem Maße berücksichtigt.
Aufgrund der heterogenen Voraussetzungen der Schüler:innenschaft kann zeitgemäßer Schreibunterricht allerdings nicht identisch für alle erfolgen, sondern muss individuell und schüler:innenorientiert verlaufen, als „schreiber[:innen]-differenzierter Unterricht“, wie Baurmann fordert (2008). Schüler:innen, die ein und dieselbe Jahrgangsstufe besuchen, befinden sich nicht automatisch auf demselben Schreibniveau, vielmehr unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Versiertheit beim Schreiben ebenso wie hinsichtlich ihres Sprach- und Textsortenwissens, ihres inhaltlichen Vorwissens oder ihrer Schreibmotivation. Um alle Schüler:innen bestmöglich beim Erwerb von Schreibkompetenz zu fördern, sollte die Lehrkraft in der Lage sein, die individuellen Stärken und Schwächen der Schüler:innen zu diagnostizieren und entsprechende Fördermöglichkeiten zu identifizieren und einzusetzen. Daher liegt ein besonderer Fokus des Kurses auf dem angemessenen Umgang mit Schreiber:innenheterogenität und den speziellen Möglichkeiten, die virtuelle Lernplattformen dabei bieten.
Begleitend zum Praxisprojekt lernen die Studierenden im Kurs zentrale Grundlagen zur zielgerichteten Förderung von Schreibkompetenz kennen: die Merkmale guter und motivierender Schreibaufgaben, wichtige Aspekte der Schreiber:innenheterogenität und der Differenzierung (vgl. Baurmann 2008, S. 69-85) sowie Möglichkeiten, das Planen, Formulieren und Überarbeiten von Texten zu unterstützen, um dem Schreibprozess Rechnung zu tragen (vgl. Becker-Mrotzek/Böttcher 2015, S. 19-22; Portmann-Tselikas 2005). Auch das lernförderliche Rückmelden sowie Bewerten von Texten durch Noten ist Thema des Kurses, wobei der Fokus auf Kriterienkatalogen liegt (vgl. Baurmann 2008, S. 116-148; Becker-Mrotzek/Böttcher 2015, S. 113-144).
Der konzipierte Kurs trägt zu einer innovativen (Forschung zur) Lehrer:innenbildung bei, indem
- das Projekt digitale Medien in den schulischen Schreibunterricht integriert und damit ein lebenspraktisch relevantes Desiderat erfüllt (inhaltliche Perspektive).
- die Studierenden durch forschendes Lernen Theorie-Praxis-Bezüge herstellen und für die Veränderungen im Schriftsprachgebrauch durch die Digitalisierung sensibilisiert werden (forschungsmethodische Perspektive).
- die Studierenden eigene Erfahrungen mit digitalen Unterrichts- und Fördermöglichkeiten sammeln und ihre Erfahrungen in der Gruppe sowie im Rahmen eines Portfolios reflektieren (unterrichtsmethodische Perspektive).
Damit die Studierenden vor Seminarbeginn eine Vorstellung von den Zielen und Inhalten des Kurses erhalten, wurde folgende Kurzbeschreibung des Kurses zusammengestellt:
„In einer schriftbasierten Kultur wie der unseren ist Schreibkompetenz eine notwendige Voraussetzung, um am sozialen und kulturellen Leben teilhaben zu können. Lehrkräfte sollen Schüler:innen daher beim Erwerb von Schreibkompetenz unterstützen, ihre Schreibprozesse anhand unterschiedlicher analoger wie digitaler Medien begleiten und ihnen zu erfolgreicher Planung, Umsetzung und Überarbeitung bzw. Präsentation von Schreibaufgaben verhelfen, auch in multimedialen Lernumgebungen.
Ziel des Seminars ist es, angemessen auf diese anspruchsvolle Aufgabe vorzubereiten. Besonders im Fokus stehen hierbei aktuelle Erkenntnisse der Schreibdidaktik mit Bezug zu Lehrplänen und amtlichen Verordnungen, die Berücksichtigung der Heterogenität der Schülerschaft sowie die Möglichkeiten, die online-gestützte Lernplattformen zur Betreuung von Schreib-Novize(:innen) bieten.“
Quelle: Kurzbeschreibung des Kurses für interessierte Studierende in der Anmeldephase